Nachdem ich von Willi gelesen hatte dachte ich: nette Geschchte. Ein Gnom haha! Gnome gibt es nicht, das weiss man doch!
Es war Sommer. Die Sonne schien und ich setzte mich in den Garten. Wie schon lange nicht mehr, hockte ich mich in die Wiese unter den Apfelbaum. Ich sah die Gänseblümchen, den Löwenzahn, die Grasblüten und freute mich darüber. Der Duft von Rosen und Lavendel schwebte zu mir herüber. Ich schaute hoch und sah die Wolken ziehen. Schau, diese Wolke sieht aus wie, ja wie nun?
“Wie eine Lotosblüte” wisperte es neben mir.
Erschrocken drehte ich mich um und sah niemand. “Hier bin ich” flüsterte die Stimme. Meine Augen sahen nach unten zu der großen Löwenzahnblüte und da saß sie: rötlich blondes langes gelocktes Haar, blaue Augen, zarte Flügel wie eine Libelle. Sie trug eine weiße Bluse und ein kurzes himmelblaues Röckchen und war ein wenig pummelig. Ihr Hütchen war die Blüte einer Glockenblume und sie naschte vom Nektar der Löwenzahnblüte.
“Ich bin Frida” stellte sie sich vor. “Angenehm, ich heiße Annette”, antwortete ich.
“Eigentlich bin ich eine Glockenblumen-Elfe, aber weil ich so gerne den Nektar nasche, bin ich etwas rund geworden. Darum nennt man mich ‘die Zwölfe’. “ Sie schaute ein wenig traurig aus.
”Ach, ich habe meine schlanken Zeiten auch hinter mir,“ versuchte ich sie aufzumuntern.
”Na ja, bei dir sieht es schon anders aus, weil du so groß bist.“
”Ach weißt du, ich finde das gar nicht so schlimm, etwas rund zu sein. Du magst naschen und ich auch und wir sind glücklich. Sind denn die schlanken Elfen auch so nett und freundlich wie du?“
”Manchmal sehen die schon etwas neidisch zu, wenn ich wieder an einer Blüte nasche“.
”Schau, du hast etwas, was sie nicht haben.“ erklärte ich ihr.
”Ja das ist wohl richtig“ antwortete sie, “aber mein Röckchen ist darum etwas eng geworden und zu kurz.”
“Nun Frida, ich kann stricken. Du bekommst einen neuen Rock, versprochen! Welche Farben magst du denn?”
“Oh, ich mag alle Farben, am Liebsten kunterbunt. So etwas hat noch niemand im Elfenland”.
“Wir treffen uns morgen wieder hier, kannst du das möglich machen?”
“Oh ja, ich freue mich”.
Es wurde Abend und nach dem Abendessen dachte ich über meine Begegnung mit Frida nach. Die Nächte sind ja doch noch frisch. Ob sie friert da draußen? Jedenfalls machte ich schon mal eine Skizze für ihr Röckchen.
In der Nacht träumte ich von Frida in einem kunterbunten Rock, wie sie mit den anderen Elfen auf einer Waldwiese im Mondschein tanzt. Sie sah etwas ungelenk aus, aber sie hatte viel Spaß, zu tanzen. Und die Gnome kamen von überall her und machten Musik auf ihren kleinen Instrumenten und tanzten ebenfalls. Da war auch Willi und trommelte den Takt auf einem Fliegenpilz!
Am Morgen weckte mich Luna mit ihrer feuchten Nase: “hey aufstehen, wir wollen raus!” Luna ist unsere Kangal Hündin und Spot ein Labrador-Mix Rüde.
Ich wischte mir den Schlaf aus dem Augen und sah sie an: ja wirklich es war Luna, die mich anschaute. Gut, da muss ich wohl aufstehen.
Nach der Hunderunde und dem Frühstück schüttelte ich den Kopf. Das alles mit den Elfen und Gnomen kann ich ja nur geträumt haben. Elfen und Gnome gibt es nur im Märchen, das weiß doch jeder!
Da klopfte es an die Terrassentür und wer stand da mit nektarverschmierter kleiner Schnüss? Frida! Also doch kein Traum.
Ich öffnete die Tür und bat sie herein.
“Ich habe Angst vor deinen Hunden” flüsterte sie.
Luna antwortete: “Musst du nicht, wir tun dir nichts. Ich bin zwar groß und ein Tollpatsch, aber ganz lieb. Und Spot ist sowieso freundlich zu allem und Jedem!”
“Wieso verstehe ich dich, Luna? Sonst bellst du nur und ich weiß nicht genau, was du willst.” fragte ich.
“Annette!” sie sah mich mit vorwurfsvollen Augen an, “Das sollte sogar DIR bekannt sein: wenn eine Elfe bei uns Tieren ist, können die Menschen uns verstehen.”
So ist das also!
Frida nickte zustimmend und kam herein. Ich hob sie auf den Esstisch, denn da stand die Vase mit frisch geschnittenen Blumen. “Darf ich?” fragte sie. “Na klar!”
Sie schien ewig hungrig zu sein. Nachdem sie etwas genascht hatte, kamen wir ins Gespräch. Sie erzählte von der Nacht auf der Waldwiese und ihrem Tanz mit den anderen Elfen und der Gnomenmusik. Sie war noch etwas müde und ich bot ihr an, in der Schale mit den getrockneten Rosenblütenblättern zu schlafen. Das Angebot nahm sie gern an und war ratzfatz eingenickt.
“Wie schön sie ist” murmelte Spot. “Ja aber ein bisschen zu dick” antwortete Luna “und sie schielt ein wenig”. “Ach Kinder, niemand kann etwas für sein Aussehen” meinte ich dazu. “Außerdem habe ich ihr versprochen, einen neuen Rock zu stricken. Wollt ihr mir dabei helfen?”
“Klar, Annette”. Beide Hunde waren begeistert. “Was sollen wir tun?”
“Mein Sockengarn ist viel zu dick für solch feines Gestrick. Wir müssen es auseinanderdroeseln.”
“Wie sollen wir da helfen?”
“Leise bitte, die Kleine schläft doch. Ich lege dir, Spot, 2 Fäden ans Halsband und dir, Luna, die anderen beiden Fäden. Spot geht bitte ins Schlafzimmer und Luna ins Wohnzimmer, das genügt. Dann haben wir es einmal geteilt. Dann machen wir das gleiche mit einem Faden für jeden, ich wickle es zum Knäuel und dann habe ich das perfekte Garn.”
Die Hunde spielten super mit, es war eine Freude. Ja wer hat schon eine Elfe im Haus?
Nachdem wir fertig waren mit teilen und alle Fäden zum Knäuel gewickelt waren, wurde Frida wach. Sie rieb sich die Augen und stand auf. Ihr kleiner Mund klebte noch immer vom Nektar. Da nahm ich sie mit ins Bad, setzte sie auf den Rand des Waschbeckens und füllte einen Fingerhut mit warmem Wasser. So konnte sie sich waschen. Zum Abtrocknen bot ich ihr ein Stofftaschentuch an, welches sie dankbar annahm, obwohl sie sich darin zweimal hätte einwickeln können.
Mein Haushalt ist schließlich nicht auf eine Elfe vorbereitet.
Ich nahm sie mit zurück an den Esstisch. “So, meine Liebe, ich muss Maß nehmen”. Sie stellte sich aufrecht hin und ich konnte messen. “Ahh das kitzelt” kicherte sie.
Ich machte meine Notizen und entließ sie wieder in den Garten, nachdem wir für den nächsten Tag eine Zeit verabredet hatten.
Die Hunde bellten hinter ihr her, aber sie war schon wieder verschwunden.
Nun ging es an die Maschenprobe. Schließlich soll der Rock ordentlich aussehen. Mit Zahnstochern begann ich und mit fünf Maschen. Nein, das sieht furchtbar aus, dachte ich und ribbelte es auf. Dann suchte ich mir zwei lange Stopfnadeln heraus. Wieder fünf Maschen angeschlagen und und nun gefiel mir auch das Maschenbild.
Die Mittagszeit war vorbei und vor lauter Elfenrock hatte ich vergessen, Essen zu kochen. Auch die Hunde schauten mich hungrig an. Ich nahm das Fleisch aus dem Kühlschrank und schnitt es in grobe Stücke, dazu gab es je eine Karotte für Spot und Luna. Spot “ningelte” etwas und fraß wenig. “Was hast du denn, mein kleiner Schatz?” Er sah mich an, aber ich verstand nicht. “Lasst uns einen Spaziergang machen”, sagte ich. Die Hunde freuten sich, denn sie streifen gern durch die Felder.
Ich hatte zwar immer noch nichts gegessen, aber zunächst waren die Hunde wichtiger.
Nach einer großen Runde kamen wir heim. Die Hunde tranken etwas Wasser und legten sich dann hin, jeder auf seine Decke.
Ich sah zur Uhr: Zeit für Abendessen und ja, der Hunger nagte. Es war noch ein Stück Brot da und etwas Butter, das musste genügen. Morgen gehe ich wieder einkaufen.
Ich schlug die Maschen für das Röckchen an. Dann wurde ich von der Müdigkeit gepackt und ging schlafen.
Wieder träumte ich von der Lichtung, doch diesmal war Frida nicht da. Die anderen Elfen tanzten wieder zur Musik der Gnome. Und wieder trommelte Willi auf einem Fliegenpilz.
Wo mochte Frida nur sein?
Diesmal weckte mich die Sonne am Morgen und kitzelte an meiner Nase, so dass ich niesen musste. Luna und Spot sahen mich an. “Ja ich stehe auf” sagte ich. Nach der Morgentoilette ging ich mit den Hunden um den Block. Danach musste ich erst mal einkaufen. Also fuhr ich in die Stadt. Fleisch für die Hunde, Milch, Brot und ein paar Lebensmittel für mich. Als ich nach Hause kam, warteten die Hunde schon auf ihr Futter. Ja und danach bin ich dran mit Frühstück. Und es klopfte wieder an die Terrassentür. Frida stand da, aber wie sah sie aus! Ich öffnete die Tür, nahm sie hoch und stellte sie wieder auf den Esstisch. Ihr Haar war zerzaust, sie hatte Kratzer an den Armen und Beinen und ihr Röckchen hatte Risse. Sie war total erschöpft. Sie deutete auf die Schale mit den Rosenblütenblättern: “Darf ich nochmal? Bitte!” “Aber sicher, ruh dich aus”. Sie schlief rasch ein.
Luna schnüffelte: “riecht wie Brombeere” und Spot meinte: “Oh, so einen Stachel hatte ich mal in der Pfote. Das tut gemein weh!” “Nun lasst die Kleine erst mal ausschlafen” bat ich die Hunde.
Frida seufzte einmal, drehte sich um und schlief weiter.
Ich räumte den Tisch ab und spülte das Geschirr und danach die Hundenäpfe. So leise wie möglich räumte ich ein paar Teile auf und nahm dann wieder das Strickzeug zur Hand. Nun wurde es dringend, denn der Rock der Kleinen war nicht mehr zu reparieren. Du liebe Zeit, was musste sie erlebt haben?
Ich war schon fast fertig, als sie endlich wach wurde. Dann fing sie an zu erzählen von der vergangenen Nacht. Sie war auf dem Weg zur Waldlichtung, als sie bemerkte, dass ihr Elfenzauber verschwunden war, weil plötzlich ein Loch in ihrer Rocktasche klaffte. Also musste sie zurück zu den Brombeeren, wo sie zuletzt genascht hatte und und den Elfenzauber vermutete. Aber da war ein Tier gekommen und hatte sie derart erschreckt, dass sie sich im Brombeergebüsch versteckt hatte. Dabei hatte sie sich verletzt und den Rock zerrissen. Aber zum Glück hatte sie ihren Elfenzauber wiedergefunden und hielt ihn fest in der Hand.
Ich bot ihr an, zunächst ein Bad zu nehmen. Dafür ließ ich warmes Wasser in eine Suppentasse laufen und gab einen Tropfen Schaumbad hinein. Frida staunte, ließ sich dann aber überreden, eben auch weil ich betonte, wie entspannend so ein warmes Bad sein kann. Sie kannte lediglich die Möglichkeit, im Waldbach zu baden. Aber da war das Wasser ja kalt und Badezusatz hatte sie dort nicht. Derweil passten die Hunde auf den Elfenzauber auf und ließen ihn nicht aus dem Augen.
Wieder reichte ich ihr ein Stofftaschentuch zum abtrocknen und ein weiteres, in das sie sich einwickeln konnte. Ich hatte nämlich ihre kleine Bluse gewaschen und die hing nun auf der Leine.
Als sie fertig war, nahm ich sie mit zum Esstisch. Sie hockte sich auf den Rand der Schale mit den Rosenblütenblättern und sah mir zu, wie ich die letzten Maschen strickte und abkettete. Dann noch die Fäden vernähen und fertig.
“Der ist für mich?” Frida überschlug sich fast vor Freude. “Wirklich für mich? Er ist so schön bunt wie die Farben aller Blumen zusammen. Und der Regenbogen dazu! Und du hast eine Tasche mit Knopf gemacht, so kann ich meinen Elfenzauber nicht mehr verlieren. Hurra ich bin die Bunte Zwölfe”. Sie tanzte auf dem Rand der Schale und wäre vor Begeisterung fast hineingefallen. Schnell zog sie ihren neuen Rock an und die Bluse war in der Sonne auch schnell getrocknet. Nun noch den Elfenzauber in die Rocktasche packen, Knöpfchen zu und sie war wieder komplett. Nein, ihren Hut hatte sie auch verloren bei der nächtlichen Aktion. “Ja Frida, eine Mütze könnte ich dir wohl stricken, aber zwischendurch möchte ich auch an meinem Projekt weitermachen”.
“Welches Projekt?” fragte sie. “Ich stricke mir auch einen Rock. Und er soll besonders werden. Ich zeige Frida meine Lieblingsjeans. “Oh, sie hat Löcher!” stellte sie fest. “Ja und ich finde es so schade. Aber ich habe eine Idee, daraus wird ein Rock. Und dafür werde ich stricken. Aber es wird dauern.” Sie nickte verständnisvoll. “Magst du mir helfen?” fragte ich, “ich habe so viele bunte Restgarne, Vielleicht suchst du passende zusammen?” Ja das wollte sie gern und so packten wir unifarbene und bunte Garne zusammen in einen Beutel.
„Frida?“ Spot sah sie fragend an. „Ach ja du Lieber, du hast Zahnweh“ antwortete Frida. Sie nahm etwas Elfenzauber aus der Tasche und legte ihn Spot auf den Zahn. Seine Zahnschmerzen waren schlagartig verschwunden. Und der Elfenzauber war nicht weniger geworden. „Wenn wir Gutes damit tun, wird der Elfenzauber nicht kleiner“ erklärte mir Frida. Nun wusste ich auch, warum Spot so zögerlich gefressen hatte. Aber es war ja alles gut.